Die Manufaktur - 2 - Loft
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Die Manufaktur – 2 – Loft

2 – Loft

„Und Du hast also trockene Klamotten für mich?“ Amüsiert lächelte ich zurück.
„Ja, und duschen kannst Du auch, wenn Du magst. Komm, ich wollte eigentlich noch mal losziehen, aber jetzt hab ich’s Dir angeboten.“
Sie zog einen Schlüssel aus der Tasche und ging drei Schritte zu der Tür, an der sie eben genestelt hatte.
„Los, komm… bevor ich’s mir noch anders überlege.“
Noch etwas zögerlich, aber neugierig ging ich zu ihr hinüber. Sie hatte die Ladentür schon geöffnet und war drinnen verschwunden. Etwas weiter hinten ging ein Licht an. Ich folgte dem Lichtschein durch den ansonsten dunklen Raum und stand auf einmal in einem Treppenhaus.
„Hier bin ich“, tönte es mir von etwas weiter oben dumpf entgegen. Ich stieg eine knarrende Holztreppe empor und stand auf einmal in einer Art Loft. Der Raum war riesig. Bestimmt vier Meter hoch, mindestens zwanzig Meter breit und dasselbe bestimmt nochmal, wenn nicht sogar noch mehr, in der Länge.

„Willkommen in meinem Reich.“ Die Frau stand auf einmal wieder neben mir. „Gib mir Deine Jacke.“ Sie hatte ihre Jacke bereits abgelegt und hielt mir nun fordernd eine Hand hin, damit ich ihr auch meine geben solle.

„Ich heiße übrigens Jonny“, sagte ich etwas abwesend. Ich war noch immer von der Größe dieses Loft wie erschlagen. Allmählich konnte ich auch ausmachen, wie sie den Raum eingerichtet hatte.

Eine Seite schien komplett aus fast raumhohen Fenstern zu bestehen. Jetzt waren sie allerdings mit hellen Vorhängen, die an Stahlseilen geführt wurden, komplett zugezogen. An der Wand gegenüber den Fenstern befand sich ein Küchentresen mit hohen Stühlen davor, dahinter eine Reihe mit halbhohen Schränken, darüber hingen Stieltöpfe, Kasserollen und Pfannen in unterschiedlichen Größen, sowie offene Regale, die mit Gläsern gefüllt waren. Flankiert wurde alles durch einen großen Subzero-Kühlschrank, wie man ihn aus amerikanischen Filmen kennt, sowie einer Säule mit zwei Einbauöfen. Lose im Raum verteilt standen einige Sessel und Couches. Trotz allem wirkte der Raum nahezu leer, was wohl alleine der Größe zuzuschreiben war.

Ich stand noch immer in der Eingangstür und musterte weiter das Loft.
„Sieh Dich ruhig um“, sagte sie. „Ich bin Leonie.“ Sie ging in eine Ecke des Raums und verschwand mit meiner Jacke kurz hinter einem Vorhang um gleich darauf ohne sie wieder zu mir zu stoßen.
„Willst Du Deine nassen Klamotten nicht endlich ausziehen? Du tropfst mir hier ja alles voll“, sagte sie. „Komm mal mit nach hinten.“
Leonie ging quer durch das Loft zu einem breiten dunklen Durchgang auf der gegenüberliegenden Seite. Sie machte Licht, und ich konnte sehen, dass dort wohl ihr Schlafzimmer sein musste. Sie war allerdings in ihr Bad gegangen, das dahinter lag.
„Nur nicht so schüchtern. Ich beiße Dich schon nicht“, sagte Leonie im Badezimmer. „Komm rüber, hier sind ein paar trockene Klamotten von meinem Dad.“
„Na vielleicht isses ihm nicht recht“, antwortete ich zweifelnd, noch immer am Eingang auf irgendetwas Unbestimmtes wartend.
„Nee, ist schon ok. Mein Dad lebt nicht hier. Er hat mir das hier alles vorab vermacht und ist irgendwo in die Südsee auf eine Insel gezogen. Hab keinen Schimmer, wo und mit wem er jetzt sein Leben genießt.“
„Wie aufregend…“, antwortete ich beeindruckt. „Ich hatte ja keine Ahnung.“ Langsam hatte ich mich auf den Weg zum Bad gemacht. Das Schlafzimmer lag im Halbdunkel, aber durch das Licht, das aus dem Bad und dem großen Hauptraum des Loft hereinfiel, konnte ich ein großes freistehendes rundes Bett erkennen… eine Art große Spielwiese, mit bestimmt drei Meter Durchmesser. Der Rest des Schlafzimmers blieb im Dunkel, woraus ich schloss, dass auch dieser Raum größer als normal üblich sein musste.

Jetzt stand ich in der Tür des Bades. Auch hier waren die Dimensionen etwas gewöhnungsbedürftig. In der Mitte des Raums stand ein großer Jacuzzi und in einer Ecke war durch eine schneckenförmige Glasscheibe, die bis zur Höhe der Schulter satiniert und damit undurchsichtig war, eine etwa zwei mal zwei Meter große Dusche abgeteilt. Daneben stand Leonie, die vor einer riesigen offenen Truhe stand und bereits einiges an Klamotten daraus ringsherum verteilt hatte. Sie hielt mir eine Jogginghose und ein T-Shirt entgegen.
„Hier… für Dich. Vielleicht ein bisschen groß, aber wenigstens trocken.“
Ich sah Leonie ein wenig hilflos an.
„Ich lass Dich dann mal alleine. Da ist die Dusche. Handtücher liegen hier drüben. Lass Dir Zeit und komm dann rüber. Die nassen Klamotten kannst Du mir hier ins Schlafzimmer werfen. Ich mach ne Schnellwäsche und werfe sie dann in den Trockner. In ner guten Stunde sollte alles fertig sein.“
Ich hatte gerade Luft holen wollen, um mich nochmal zu bedanken, aber Leonie war schon zur Tür hinaus.

Ich schälte mich aus meinen nassen Sachen und warf sie mit einem gekonnten Schwung ins Dunkel des nebenan liegenden Schlafzimmers… T-Shirt, Hemd, Socken, Hose und Shorts. Und nun stand ich hier… in der Wohnung einer wildfremden hübschen Frau, genauer in ihrem Bad… nackt und frierend. Die Situation kam mir irgendwie unwirklich vor. Ja, natürlich stellt sich jeder Mann mal so etwas vor. Entweder, man schleppt selbst ein anbetungswürdiges Wesen ab, oder man wird in seiner Fantasie von der Frau seiner ungeborenen Kinder rein zufällig gefunden. Wie auch immer ich das hier zu interpretieren hatte, es fühlte sich merkwürdig an… und besonders.

Ich betrat die Dusche. Ich hob den Kopf und sah, dass ich in einer Regenwalddusche stand. Die ganze Dusche wurde von oben durch eine Vielzahl von Düsen beregnet. Zusätzlich waren überall an den Seiten ebenfalls Wasserdüsen installiert. Man musste sich wahrhaftig wie in einem tropischen Regenwald vorkommen. Ich war sehr gespannt, was jetzt passieren würde.

Ich drehte also vorsichtig das Wasser auf. Eine Reihe der Überkopf-Düsen begann einen warmen Regen zu versprühen. Ich korrigierte die Temperatur an einem Regler, bis sie mir angenehm war, dann drehte ich das Ventil weiter und weiter auf. Ich stand jetzt wirklich in einem tropischen Regen. Das Wasser kam aus allen Richtungen. Ich hatte sogar den Eindruck, dass es von unten kommen würde. So muss sich das im Regenwald anfühlen, dachte ich bei mir.

Ich stand in diesem wunderschönen tropischen Regenguss und genoss, wie mir das warme Wasser über den ganzen Körper floss. Die Zeit schien stillzustehen. Fast hatte es etwas Meditatives. Die meiste Zeit hielt ich die Augen geschlossen. Ab und zu blinzelte ich durch den Regen. Ich sah Leonie, wie sie mit meinen Klamotten in der Hand aus dem Schlafzimmer huschte und um die Ecke verschwand. Meine anfängliche Befangenheit war jetzt einer totalen Entspannung gewichen. Der Missmut, den ich angesichts meiner verkorksten Besichtigungstour empfunden hatte, hatte sich in Nichts aufgelöst. Ich war rundherum zufrieden und gelöst. Ich nahm unterschwellig war, dass sich das Licht im Badezimmer etwas abgedunkelt hatte. Vielleicht hatte Leonie ja die Beleuchtung etwas gedimmt. Es war mir nicht wichtig, zumal das Licht wohlig warm erschien. Ich hatte keinen Begriff davon, wie lange ich unter der Dusche gewesen war. Obwohl ich es noch immer sehr schön fand, drehte ich nun die Ventile zu und trat aus der Dusche ins Halbdunkel des Badezimmers.

„Na, hast Du Dich aufgewärmt?“
Blitzartig fuhr ich herum und blickte ich die Richtung, aus der die Stimme kam. Leonie saß in ihrem Jacuzzi und sah zu mir herüber.
Ich stand wie erstarrt und blickte ihr in die großen braunen Augen. Sie taxierte mich von oben bis unten und lächelte die ganze Zeit interessiert aber gleichzeitig unergründlich. Ich hatte keine Idee, was sich hinter diesem hübschen Blick verbergen mochte.
Langsam löste sich meine Erstarrung. In meinem Hirn machte sich die Erkenntnis breit, dass ich gerade aus der Dusche gekommen war und splitterfasernackt in diesem Badezimmer stand. Vor mir saß, bzw. lag, eine ebenso nackte wie hübsche junge Frau in einem Whirlpool und sah mich prüfend an.
Blitzschnell überprüfte mein Gehirn die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und kam wenig überraschend zu dem Ergebnis: ‚Alter, da hast Du einfach mal verkackt.‘

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