Die Fremde V2 - Erster Teil
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Die Fremde V2 – Erster Teil

Die Fremde

By plusquamperfekt ©

Vorwort: Hier eine neue Version meiner im Jahre 2010 veröffentlichten Geschichte, die ich aufgrund der Länge in vier Teile aufgebrochen habe. Viel Spaß damit.

Vier Wochen noch. Vier Wochen und dann war es endlich geschafft, das Abi in der Tasche und erst mal Schluss mit der Penne. Endlich auf das Wesentliche konzentrieren können. Mein Blick schweifte automatisch auf meine göttliche E-Gitarre in der Ecke neben dem Schreibtisch. Nein, jetzt nicht, reiß dich zusammen.

Wahrscheinlichkeitsrechnung kommt dran in der Mündlichen in Mathe. Um das Lernen kommst du mit großer Wahrscheinlichkeit nicht herum. Formeln, so ein Quatsch, wer braucht denn so ’n Scheiß. Kinder, nee, nicht jetzt am Handy gaukeln, ich muss doch was tun.

„Hallo?“

„Steffen? Ich bin’s, Ute. Du, es ist was passiert … Mama hatte einen Unfall. Ich bin im Krankenhaus, sie ist auf der Intensivstation.“

„Was … um Himmels Willen … was ist los? Was ist passiert?“

„Ich weiß es nicht, nur, dass es ein Autounfall war. Sie wird gerade operiert … komm doch bitte her, ich schaff das nicht alleine. Nimm dir ein Taxi, aber komm bitte schnell.“

„Taxi … ich hab kein Geld. Ich komme mit dem Rad, das geht fast genauso schnell.“

„Gut … mir egal … aber komm bitte. Ich dreh hier durch“, sagte Ute mit echter Verzweiflung in der Stimme.

„Sicher, bleib ganz ruhig … soll ich irgendwas mitbringen für Mama, Klamotten oder so?“

„Scheiße, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ja, mach ruhig … paar Nachthemden, Waschzeug, sowas halt. Nimm einfach einen Koffer und schmeiß rein, was du meinst das sie brauchen könnte …“

„Koffer ist nicht, ich komme mit dem Fahrrad. Wir können ja immer noch mehr bringen. Vielleicht ist es ja auch nicht so schlimm und sie kommt bald wieder raus.“

„Komm, red jetzt nicht und mach lieber. Ich halte das hier alleine echt nicht aus.“

„Ist okay, ich bin gleich da. Wird schon. Tschüss.“

Verflucht. Das hatte gerade noch gefehlt. Ich war wie betäubt. Irgendwie trat das alles gar nicht an mich heran; es war, als würde ein Film vor mir ablaufen, oder ein Videospiel. Rauf in Mamas Zimmer, alles, was mir sinnvoll erschien schnell in einen Rucksack gestopft und aufs Rad geschwungen. Es war kurz vor fünf, der Feierabendverkehr hatte bereits angefangen. Es war ein Wunder, dass ich in keinen Unfall verwickelt wurde, denn ich fuhr wie ein Henker.

Meine Hände zitterten, als ich das Fahrrad anschloss. Ich war schweißnass von meinem Höllenritt, das Haar klebte an meiner Stirn. Ich stammelte der Frau an der Aufnahme den Namen meiner Mutter und „Unfall“ ins Gesicht. Sie sah kurz auf ihren Monitor und erklärte mir den Weg zur Intensivstation. Ich fand Ute weinend im Wartebereich. Alles schnürte sich in mir zu. War ich zu spät gekommen?

„Hey … was ist … ist sie …“

„Nein … immer noch im OP. Warum muss immer uns so eine Scheiße passieren?“

Ich setzte mich neben sie und nahm sie zögernd in den Arm. Was meine sechsundzwanzigjährige Schwester damit meinte, war, dass in den letzten Jahren Tod und Trauer unsere ständigen Begleiter gewesen waren. Erst war unser Vater vor vier Jahren an einem Herzinfarkt verstorben, dann letztes Jahr unsere Oma, die zu uns gezogen war. Dazu Onkel, Tanten, Großtanten, unsere einst große Familie wurde wie mit einer Sense vom Schicksal niedergemäht. Und jetzt … es war nicht auszudenken.

Wir warteten eine endlose Stunde, bevor ein Arzt zu uns kam und uns erklärte, dass sie außer Lebensgefahr sei. Die Operationen wären gut verlaufen, die inneren Blutungen seien gestoppt. Er führte uns zu ihrem Zimmer, und gestattete uns einen kurzen Blick auf unsere arme zerschundene Mutter, bevor er uns nach Hause schickte.

Sie hatte den Kopf verbunden und ihr Gesicht sah blass und verquollen aus. Über ihrem rechten Auge war ein großer Bluterguss, ein langer Schlauch führte in ihre Nase. Stumm machten wir uns auf den Weg und warteten bereits auf den Fahrstuhl, als mir einfiel, dass ich die Sachen gar nicht abgegeben hatte, sondern immer noch in meinem Rucksack bei mir trug. Ich rannte schnell zurück, und übergab sie einer asiatisch wirkenden Schwester.

Ute wartete auf mich. Sie bot an, mein Fahrrad im Auto mitzunehmen. Mir war nicht wohl dabei, aber ich nahm ihren Vorschlag an. Sie stand noch immer völlig neben sich und während der Fahrt musste ich sie ein ums andere Mal zur Konzentration anhalten. Ich hatte mit dem Führerschein gerade erst angefangen, sonst wäre ich wohl gefahren. Wir standen halt beide unter Schock, obwohl die Nachricht, dass Mama außer Lebensgefahr war, doch schon eine gewisse Beruhigung war.

Beim Einbiegen auf unser Grundstück nahm Ute prompt den Begrenzungspfeiler unserer Garagenauffahrt mit. Ein hässlicher Kratzer am Kotflügel, mehr war nicht passiert, aber jetzt brach Ute völlig zusammen. Ich brachte sie ins Haus und parkte danach das Auto selbst, nach endloser Kurbelei. Einparken war damals noch nicht eben meine Stärke.

Wir saßen bis zum Einbruch der Dunkelheit stumm und engumschlungen im Wohnzimmer. Auch dies war leider keine neue Situation für uns. Ute hatte eigentlich schon ausziehen wollen, kurz bevor mein Vater starb. Um meiner Mutter willen, die von der ganzen Situation völlig überfordert gewesen war, blieb sie dann.

Ute war Rechtsanwaltsgehilfin und kümmerte sich dann auch um den ganzen Papierkram; das hatte vorher alles mein Vater gemacht. Insgesamt rückten wir enger zusammen, versuchten die entstandenen Lücken zu schließen, füreinander da zu sein. Dabei war Ute immer die gewesen, die alles geregelt hatte, stark geblieben war, alle anderen getröstet hatte. Wir gingen spät und ohne Essen ins Bett.

Am nächsten Morgen weckte mich Ute; ich hatte verschlafen, kein Wunder. Sie hatte das Frühstück vorbereitet und machte wieder den gewohnt souveränen Eindruck. Ein Grund dafür war, dass sie bereits im Krankenhaus angerufen hatte und der Zustand meiner Mutter als stabil bezeichnet wurde. Ute wollte zwar zur Arbeit, aber deutete an, dass sie versuchen würde, zumindest ein paar Stunden am Nachmittag frei zu bekommen. Ich hatte sieben Stunden und wollte gleich nach der Schule ins Krankenhaus.

Dort kam ich klatschnass an, da ich auf den letzten halben Kilometer in einen Regenguss geriet, der mich binnen weniger Minuten bis auf die Knochen durchnässte. Mir knurrte der Magen hörbar im Fahrstuhl; Ute hatte mir Geld für Essen und mein Taschengeld gegeben, aber außer einem Brötchen in der ersten Pause hatte ich nichts runter gekriegt. Meine Mutter war in ein Mehrbettzimmer verlegt worden, was mich nach der kurzen Panik, als ich sie nicht gleich finden konnte, dann eher beruhigte.

Der Schlauch in der Nase war bereits entfernt worden, aber sie hing an einem Tropf und neben ihr standen kompliziert aussehende Geräte, an die sie jedoch nicht angeschlossen zu sein schien. Ich setzte mich leise links neben sie, da sie ihre Augen geschlossen hatte und ich annahm, dass sie schlief. Ihr rechtes Auge war ohnehin fast völlig zugeschwollen; das Rot des Blutergusses hatte sich über Nacht in ein gelbliches Braun verwandelt. Sie atmete gleichmäßig, aber etwas rasselnd. Im Bett neben ihr röchelte eine alte Frau und eine andere hustete unentwegt. Als ein Anfall dieser Frau etwas lauter wurde, öffnete meine Mutter ihre Augen, das rechte jedoch nur als schmalen Schlitz.

„Hallo Mama.“

Ich stand auf, damit sie mich besser sehen konnte und setzte mich vorsichtig auf den Bettrand. Ihr Hals steckte in einer Manschette. Ich hatte noch nicht mit den behandelnden Ärzten oder den Schwestern gesprochen, das wollte eigentlich auch Ute machen. Die Augen meiner Mutter tasteten das Zimmer ab und blieben dann an mir hängen. Sie wollte etwas sagen, aber es kamen nur komische Laute über ihre Lippen. Sie räusperte sich und schluckte. Auf ihrem Nachtschrank stand eine Flasche mit Wasser, also goss ich ihr etwas zum Trinken ein und führte den Plastikbecher vorsichtig an ihre Lippen. Sie trank mit kleinen Schlucken und seufzte dann hörbar.

„Krankenhaus?“

„Ja, du hattest einen Autounfall. Kannst du dich nicht erinnern?“

„Nein.“

Die Tür öffnete sich, und eine Schwester trug Tabletts mit Kaffee und Kuchen herein. Ich weiß noch, wie lächerlich mir das vorkam – so, wie die vier Patienten hier aussahen, würde keiner davon selbstständig Kaffee trinken können.

„Wer … bist … du?“

Mir wäre fast der Becher aus der Hand gefallen, den ich gerade zurück auf den Nachtschrank stellen wollte. Ich sah mich hilfesuchend nach der Schwester um, die kurz von ihrer Tätigkeit abließ und sich zu uns begab.

„Steffen … ich bin Steffen … Mama, weißt du nicht … erinnerst du dich nicht an mich?“

Meine Mutter schien in sich hineinzuhorchen, schloss gar kurz die Augen. Als sich diese wieder öffneten, war Angst darin zu sehen.

„Nein. Ich … erinnere … mich … nicht.“

Die Schwester fasste mir an die Schulter und zog mich langsam, aber bestimmt vom Bett.

„Hat noch keiner mit dir gesprochen? Sie hat einen starken Gedächtnisverlust. Im Moment weiß sie nicht einmal, wer sie selbst ist. Rede mal mit Doktor Schleifer, er ist hinten im Bereitschaftszimmer. Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Sie ist noch sehr schwach und kann Aufregungen nun überhaupt nicht vertragen.“

Ich taumelte aus dem Krankenzimmer, nachdem ich mich mit einem kurzen Kuss auf die Wange von meiner Mutter verabschiedet hatte. Das Blut rauschte in meinen Ohren, ich ging automatisch in die falsche Richtung, zu den Fahrstühlen. Ute kam mir entgegen; sie hielt einen Blumenstrauß in der Hand. Sie erstarrte, als sie meinen Zustand bemerkte.

„Was ist passiert?“

„Nichts. Sie ist wach … aber sie kann sich an nichts erinnern.“

Ute atmete hörbar auf.

„Na, das ist halt manchmal so bei Unfällen. Ich kenn das von der Arbeit, fast keiner kann sich an den genauen Unfallhergang erinnern.“

„Nein, du verstehst nicht. Sie weiß nicht, wer ich bin, und die Schwester sagte, sie weiß nicht mal, wer sie selbst ist. Wir sollen mit dem Arzt sprechen …“

„Ach du Scheiße …“

Sie ergriff meine Hand und zog mich mit sich; erst in diesem Moment bemerkte ich, dass ich in die falsche Richtung gelaufen war. Der Arzt war nicht im Bereitschaftszimmer, wie die Schwester gesagt hatte und wir mussten fast zwanzig Minuten auf ihn warten. Ute wollte zwischendurch ein paar Mal aufstehen und nach ihm suchen, oder nach Mama sehen, aber ich hielt sie zurück.

Das Gespräch war kurz und voller medizinischer Fachwörter, die weder Ute noch ich verstanden. Klar aber wurde, dass sie sich mit ihrem Wagen überschlagen hatte und sich dabei ein Schädel-Hirn-Trauma zugezogen hatte. Eine lebensgefährliche Schwellung hatten sie durch Bohrungen in ihre Schädeldecke beseitigen können.

Sie hatte einige gebrochene Rippen und einen Milzriss, der gestern jedoch operativ versorgt worden war, dazu waren einige gerissene Blutgefäße von ihrem „Gefäßklempner“, wie er sich ausdrückte, geflickt worden. Für seine distanzierte, gefühllose Art und seinen völlig deplatzierten Humor hätte ich ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen. Kein Wort der Anteilnahme oder der Beruhigung.

„Was ist mit dem Gedächtnisverlust?“

„Zu früh, um da etwas zu sagen. In fast zwei Dritteln dieser Fälle kehrt die Erinnerung vollständig oder zumindest partiell zurück. Wir behalten ihre Mutter noch ein, zwei Tage hier bei uns zur Beobachtung, dann wird sie auf Station Zwei verlegt. Therapiemaßnahmen werden dann dort ergriffen.“

Sein Beeper beendete das Gespräch. Er drängelte uns aus dem Bereitschaftsraum.

„Machen sie sich keine unnötigen Sorgen. Es gibt exzellente Heilungschancen. Bitte gestalten sie ihre Besuche in den nächsten Tagen kurz und versuchen sie, ihre Mutter nicht aufzuregen. Ich muss jetzt zu einem Patienten. Guten Tag.“

Mit diesen Worten ließ er uns stehen und verschwand in einem nahegelegenen Zimmer. Zwei Drittel. Exzellente Chancen? Es klang wie Hohn. Ich war wütend, über die Art, wie er uns abgefertigt hatte. Uns allein gelassen hatte, in unserer Hilflosigkeit. Ich umklammerte Utes Hand, vielleicht als Reaktion darauf. Wir sahen uns stumm an. Erst nach einer Minute setzten wir uns langsam in Bewegung.

„Willst du noch zu ihr rein?“

„Ich … nein. Ich kann das jetzt nicht. Lass uns nach Hause, bitte. Mir platzt gleich der Kopf.“

Im Auto zündete sie sich nervös eine Zigarette an. Sie hatte das Rauchen eigentlich vor zwei Jahren aufgegeben. Wortlos nahm auch ich mir eine aus dem Päckchen, das sie achtlos in die Ablage fallen gelassen hatte.

„Und jetzt?“

„Weiß nicht. Wir müssen da durch. Irgendwie. Du musst dich auf dein Abitur konzentrieren. Du hast doch noch die mündliche Prüfung nächste Woche.“

„Das ist alles so was von egal …“

„Nein, sag das nicht. Du musst jetzt ganz schnell erwachsen werden. Was mit Mama wird, wird sich zeigen, aber wir können da erst mal gar nichts machen. Wenn es dir zu schlecht geht, geh einfach zum Arzt und erkläre was los ist. Vielleicht kann man die Prüfung verschieben oder wiederholen, wenn es schief geht.“

In mir regte sich ein Widerspruch, aber ich schluckte ihn herunter. Natürlich hatte sie recht. Im Gegensatz zu gestern schien sie sich heute besser im Griff zu haben. Unter ihrem Make-up sah sie dennoch sehr blass aus. Ich bewunderte sie für ihre Stärke, denn ich kannte sie gut genug, um zu wissen, wie es jetzt in ihr aussehen musste.

Ich versuchte mich am Nachmittag auf das Lernen zu konzentrieren, aber es gelang mir nicht. Wir aßen schweigend zu Abend, Ute machte eine Dose Ravioli für uns warm. Danach zogen wir uns beide wieder auf unsere Zimmer zurück. Nach einer weiteren halben Stunde vergeblicher Mühe machte ich meine Bücher und Kladden zu, und suchte nach meiner Purpfeife und dem letzten Miniklumpen Dope, den ich für besondere Gelegenheiten aufgehoben hatte. Ich nahm ein paar Züge und klimperte dann angenehm betäubt auf meiner Gitarre rum. Mir fiel nicht einmal auf, dass ich den Verstärker lauter als vereinbart aufgerissen hatte.

Meine Tür flog auf, und Ute stand mit wütendem Gesichtsausdruck im hell erleuchteten Flur. Sie trug nur ein Handtuch, das sie um ihren Körper geschlungen hatte; ihre Haare waren tropfnass, sie hatte wohl gerade geduscht.

„Spinnst du? Hoffentlich machst du bald deinen Scheiß-Verstärker aus.“

Bevor ich etwas entgegnen konnte, stürmte sie in mein Zimmer und drückte selbst auf den Aus-Knopf. Sie hielt kurz inne und schnüffelte, sah sich dann suchend um und entdeckte meine Purpfeife auf dem Nachttisch neben meinem Bett.

„Na klasse. Bist du noch ganz dicht? Was soll das denn?“

„Mann, nun komm mal runter. Was ist denn dabei? Du hast doch früher auch geraucht.“

„Das hat doch damit nichts zu tun. Wir brauchen jetzt beide einen klaren Kopf, verstehst du? Wir können es uns nicht leisten, uns gehen zu lassen … und du am allerwenigsten.“

Wie das halt so ist, Einsicht hin oder her, so wollte ich mich von ihr auch nicht runterputzen lassen.

„Das geht dich gar nichts an. Spiel dich doch nicht so auf, du dumme Kuh, ich bin volljährig und weiß genau, was ich tue.“

Sie zitterte vor Wut und setzte zu einer Entgegnung an, besann sich dann aber anders und stürmte aus meinem Zimmer. Die Tür zu ihrem Zimmer fiel mit einem lauten Knall zu. Ich weiß nicht, warum ich aufstand und ihr folgte. Ein schlechtes Gewissen hatte ich eigentlich nicht. Das bekam ich aber, als ich sie schluchzend auf ihrem Bett fand. Sie drehte mir kurz den Kopf zu.

„Hau ab. Lass mich doch in Ruhe, du Arschloch.“

Ich stand wie angenagelt vor ihrem Bett, beschämt über ihren Ausbruch, oder auch nur darüber, dass ich wohl dafür verantwortlich war.

„Tut mir leid Ute. Ich wollte nicht … komm, unsere Nerven liegen halt blank … lass uns jetzt nicht rumstreiten …“

Sie drehte sich auf ihre Seite und sah mich mit ihrem tränengefüllten Augen an. Mein Impuls, zu ihr aufs Bett zu gehen und sie in den Arm zu nehmen, verpuffte, als ich sah, dass sich ihr Handtuch bis zu ihren Beckenknochen hinaufgeschoben hatte. Ich starrte auf ihren nackten Unterleib, den schmalen Streifen ihres dunklen Schamhaars. Ihre Augen folgten meinem Blick und rasend schnell zog sie an ihrem Überdeck und bedeckte ihre Blöße damit. Ich errötete, aber dafür konnte ich nun wirklich nichts. Das schien sie auch so zu sehen.

„Ist schon gut. Hau jetzt ab. Und reiß bitte nicht den Verstärker wieder so laut auf. Ich hab Kopfschmerzen.“

„Ja, sorry, tut mir echt leid. Im Badezimmerschrank sind noch Aspirin.“

„Ich weiß, ich hab gerade zwei genommen. Und nun mach den Abgang, ich will mich anziehen.“

Ich kehrte zitternd in mein Zimmer zurück. Wir stritten uns öfters, das war nichts Neues. Sie übertrieb es manchmal mit ihrer Fürsorge und spielte sich fast wie mein Vater auf, dessen Rolle sie in vielen Bereichen wirklich hatte übernehmen müssen. Vom Charakter her war sie ihm sehr ähnlich; ihr Aussehen hingegen erinnerte stark an meine Mutter.

Wenn man in unseren Familienalben blätterte und Fotos zeitlich nicht gut zuordnen konnte, hätte man die beiden für Schwestern oder manchmal gar für ein und dieselbe Person halten können. Ich hatte mehr Züge von meinem Vater geerbt.

Ich stellte die Gitarre wieder weg und begab mich stattdessen an meinen Computer. Einige meiner Freunde waren online auf MSN, aber ich hatte keine Lust zum chatten. Außerdem war ich von der Pfeife breiter, als ich angenommen hatte. Die Geschichte mit Ute gerade beschäftigte mich mehr, als ich mir eingestehen wollte. Nicht nur der sinnlose Streit.

Auch der unverhoffte Blick auf ihren Körper. Wenn ich ehrlich sein soll, war dies nicht das erste Mal. Im Gegenteil, ich schielte öfter mal unter ihre kurzen Röcke, die sie zur Arbeit und zum Ausgehen trug; einmal war ich auch aus Versehen in ihr Zimmer gestürmt, als sie sich gerade umzog. Da trug sie noch ein Höschen. Wenn man das kleine Stoffdreieck als solches bezeichnen wollte.

Einfach war das wirklich nicht für mich, mit zwei so wahnsinnig attraktiven Frauen wie meiner Mutter und meiner Schwester in einem Haus zu leben. Beide hatten diese unselige Vorliebe für Kleider und Röcke, und ob ich es wollte oder nicht, ich bekam doch so das eine oder andere zu sehen. Das waren aber auch die beiden einzigen weiblichen Wesen, die ich so aus der Nähe sah.

Ich war nie der Typ gewesen, der sich in einer Clique wohlfühlt. Ich hatte seit meiner Kindheit einen besten Freund namens Kevin, mit dem ich bis zur zehnten fast alles zusammen gemacht hatte. Sogar mit unseren ersten Freundinnen hatten wir immer gemeinsam geschmust. Mehr war da noch nicht gelaufen.

Er ging dann nach der zehnten ab; am Anfang hielten wir den Kontakt noch aufrecht, auch wenn sich die Qualität unserer Freundschaft irgendwie verändert hatte. Wir spielten nur noch miteinander am Computer und manchmal zusammen Gitarre, aber redeten nicht mehr so viel, tauschten uns nicht mehr wirklich aus.

Dann kam er mit Ronnie zusammen, und der Kontakt brach schlagartig ab. Ich hatte die beiden in der Vorwoche erst getroffen. Sie waren immer noch zusammen, fast zwei Jahre nun. Wahnsinn. Mir war schon klar, dass es einen geheimen Kitt gab, der die beiden zusammenhielt. Sex.

Ich aber hatte irgendwie das Fenster verpasst, wo aus Schmusen, Küssen und „miteinander gehen“ Beziehungen und Sex wurden, war ohnehin ein wenig schüchtern. Die Mädchen, die mir gefielen, waren alle immer gleich etwas älter. Und mit Sicherheit sexuell erfahren. Ich hatte einfach Schiss, mich als blutiger Anfänger zu blamieren.

Dabei wurde die sexuelle Anspannung immer größer. An einem Tag, wo meine Mutter mit Ute mal irgendeinen Tagesausflug machte, habe ich nicht weniger als neun Mal meinen Kasper geprügelt. Das war mein bisheriger Rekord. Was nicht heißen soll, dass das nicht noch steigerungsfähig gewesen wäre.

Eine Viertelstunde und circa zweihundert Bilder nackter Frauen später musste ich dann erstmalig meine Taschentücher bemühen. Mir fiel auf, dass ich bei Frauen mit einer halbrasierten Maus, wie ich es bei meiner Schwester gesehen hatte, deutlich länger hinsah. Die Bilder überlagerten sich und ich dachte mir den Teil, den ich noch nicht gesehen hatte, in allen Details dazu. Es war nicht das erste Mal, dass ich beim Palme-Schütteln an Ute dachte. Und ich wage zu behaupten: Jedem Mann, der wie ich auf engstem Raum mit ihr zusammengelebt hätte, wär es genauso ergangen.

Sie war ein Chamäleon. Wenn sie zur Arbeit ging, sah sie professionell aus, fast ein wenig hart und spröde, unnahbar. Zu Hause war sie eher locker, aber wenn sie mit ihren Freundinnen wegging, verwandelte sie sich in etwas, was ich eigentlich nur als personifizierten Sex bezeichnen kann. Nicht ludermäßig oder so, nein, einfach eine sinnlich-erotische Ausstrahlung, die dir das Blut in den Schwanz treibt, ob du es willst oder nicht. Ich musste ihr mal beim Aussuchen von Klamotten für eine Party helfen. Ich drehte mich immer brav um, gab dann meine Kommentare zu jeder neuen Kreation ab, die sie in sexy Posen präsentierte. Am Ende blieb ich noch blöd quasselnd fast zehn Minuten sitzen, damit mein aufgeschrecktes Pony sich beruhigte.

Ich spielte noch eine Weile am Computer, dachte viel an meine Mutter und ging dann ins Bett. Ich verbrauchte noch mein letztes Taschentuch und schlummerte dann befriedigt ein. Ich habe nicht unbedingt einen leichten Schlaf, aber irgendein Geräusch weckte mich auf. Ute hatte auf dem Flur Licht gemacht und war in mein Zimmer gekommen. Ich starrte sie verschlafen in dem Halbdunkel an.

„Was ist los?“

Sie sah aus, als würde sie sich ertappt fühlen.

„Ich kann nicht schlafen. Kann ich mir deine Pfeife und was zu rauchen borgen?“

„Ich hab aber fast nichts mehr, das waren fast schon die letzten Brösel, die ich hatte. Es sind vielleicht noch ein paar Züge in der Pfeife drin. Bedien dich.“

„Echt? Ich will dir jetzt nicht deine trüben Reste vernichten.“

„Ist schon okay. Warte, ich tue den Rest, den ich noch habe, auch mit rein und rauche mit. Kannste aus der rechten Schublade holen, in der kleinen Film-Dose. Ja, genau. Die ist es.“

Mannomann, ihr weißes Nachthemd sah in dem Schein der Flurlampe fast durchsichtig aus. Sie musste sich auch noch etwas bücken, um an die Schublade zu gelangen; ihr kurzes Hemdchen hob sich bis zu ihren Po-Backen an. Mir gingen die Nackenhaare hoch. Und nicht nur die.

Sie setzte sich zu mir aufs Bett und überließ mir die Vorbereitung der Pfeife. Als ich fertig war, kletterte sie zu mir aufs Bett und schlüpfte unter meine Decke.

„Ist zu kalt. Ich hab ganz kalte Füße.“

Ich schob mich soweit es irgend ging an die Wand. Wir rauchten schweigend und schnell.

„Okay. Danke. Bist ein Schatz. Na, dann lass ich dich auch schlafen. Gute Nacht.“

„Nacht. Meinst du denn, du kannst jetzt einschlafen?“

Sie lehnte sich wieder zurück.

„Weiß nicht, ich hoffe es zumindest. Mir gehen halt so viele Sachen im Kopf rum. Was jetzt zu tun ist, wenn es mit Mama nicht besser wird und so.“

„Da mag ich gar nicht dran denken.“

„Ich auch nicht, aber ich krieg‘s nicht aus dem Kopf.“

„Geht mir auch nicht anders.“

Ute sah mir direkt in die Augen.

„Ich wollte mich auch noch entschuldigen für vorhin. Ich hätte nicht so ausrasten sollen. Es war alles ein bisschen zu viel.“

„Das war völlig okay. Ich hätte nicht … ich war halt breit …“

Ute seufzte.

„Es erinnert mich alles so an Papa … denkst du auch manchmal dran?“

„Nein, eher selten. Weiß auch nicht warum. Das ist alles so komisch weit weg.“

„Hm, verstehe. Jetzt will ich dich aber schlafen lassen. Tut mir leid, dass ich dich geweckt hab.“

„Ach, mach mal nichts. Meinethalben kannst du … auch gerne noch etwas bleiben … wenn du reden willst oder was.“

„Das ist echt lieb, aber ich glaube … nee, lass mal, wir sollten beide besser versuchen zu schlafen.“

„Kannst auch hier pennen.“

Sie lächelte überrascht.

„Hier? Dein Bett ist ganz schön eng. Da müssten wir uns schon richtig aneinander kuscheln.“

„Ja, stimmt.“

„Und das würde dir nichts ausmachen?“

„Nö, das ist okay.“

Sie wirkte belustigt, was mich irgendwie nervös machte.

„Na gut, warum nicht. Dann tu mir aber den Gefallen und geh dich noch kurz waschen. Du riechst ein wenig … zu männlich, wenn du verstehst was ich meine. Ich hole in der Zwischenzeit meinen Wecker.“

Natürlich verstand ich, was sie meinte. Das war schon ziemlich peinlich, aber dann hatte ich ja nun auch keine Gäste zur Nacht erwartet. Sie lag schon im Bett, als ich aus dem Badezimmer zurückkehrte, mit frischgewaschenem Lümmel und sogar die Zähne hatte ich mir noch schnell geputzt.

„Du schläfst innen. Ich stehe ja sowieso vor dir auf.“

Das war sehr wahrscheinlich; ebenso, dass es mir gar nicht so leicht fallen würde, überhaupt einzuschlafen. Sie drehte sich von mir weg und streckte ihren Hintern zur Bettmitte, eigentlich schon darüber hinaus. Ich kuschelte mich vorsichtig an sie, darauf bedacht, nicht direkt mit ihrem Po in Kontakt zu kommen, da ich schon alleine von ihrer Körperwärme eine wohlige Erregung mit moderater Schwellung verspürte. Prompt füllte sie die Anstandslücke, indem sie ihren Hintern weiter in meine Richtung drückte, bis wir wirklich vollständig aufeinanderstießen.

Ich war mir tausendprozentig sicher, dass sie mein halb erigiertes Glied deutlich spüren musste. Bis dahin hatte sie sich noch wühlend ihre optimale Schlafposition gesucht; jetzt bewegte sie sich plötzlich gar nicht mehr. Mein Herz pochte. Halb erwartete ich, dass sie empört das Bett verlassen würde, oder dass ich zumindest irgendeinen Spruch bekommen würde. Nichts dergleichen geschah. Sie änderte ihre Position nicht. Ich auch nicht. Das heißt, nicht die Teile, die steuern konnte. Aus moderat wurde akut.

Was da gegen ihre atemberaubenden Po-Backen drängte, erfreute sich zunehmender Härte. Nein, das war jetzt vermutlich auch für sie ein bisschen viel. Ich drehte mich zur Wand, weg vom Ort des Verbrechens, wie ein Dieb in der Nacht. Zu meiner Überraschung folgte sie meiner Bewegung und drehte sich ebenfalls in diese Richtung. Sie presste ihre Brüste gegen meinen Rücken, ich verging fast vor Wonne als ich diese wohlige Weiche an mir fühlte. Sie schmiegte sich enger an mich, zeichnete den Bogen meines Körpers mit ihrem nach. Sie legte ihren rechten Arm über meine Hüfte. Ich konnte ihren Atem in meinem Nacken fühlen.

Ihre Hand kam vielleicht zwanzig Zentimeter über meinem nun betonharten Prunkstück zum Ruhen. Oh mein Gott, wenn das ihre Art der Bestrafung für meinen vorwitzigen jugendlichen Mannesstolz sein sollte, dann Hut ab. Wirklich gelungen. Wenn sie so weitermachte, würde ich ohne jedwede Berührung kommen.

Und das tat sie dann auch. Sie erhöhte fast kaum wahrnehmbar den Druck auf mein Becken, ließ dann fast in Zeitlupe wieder nach, alles sehr subtil und doch deutlich fühlbar. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht aufzustöhnen. Gleichzeitig sank ihre Hand etwas tiefer. Ihr Handgelenk konnte nur noch wenige Zentimeter von meinem Schwanz entfernt sein.

Was ich fühlte, war nicht mehr Geilheit, es war Delirium. Sie musste die Hitze meines ächzenden Schwanzes bereits spüren. Sie drückte etwas fester zu; ein Ziehen lief durch meinen ganzen Körper. Mir stockte der Atem, als ihre Hand plötzlich über meinen Ständer strich, dann über mein Bein zu meinem Hintern wanderte. Und dann drehte sie sich einfach um. Grausam, aber wahr. Ich war geschockt, aber irgendwie auch erleichtert.

Sie war aber noch lange nicht müde, mich da so süß zu quälen. Was sie vorher mit dem Becken vollführt hatte, erledigte sie jetzt mit ihrem Hintern und unteren Rücken, dabei auch noch etwas heftiger. Ich glaubte auch dort, wo ich ihre Zaubermaus vermutete, Hitze zu spüren, aber das hätte auch ein Effekt des Dopes sein können, das wirklich ganz schön auf den Körper ging. Ob das so war oder nicht, ich glaubte fühlen zu können, dass auch sie feucht und erregt war, und das war eine weitere Steigerung, die ich einfach nicht mehr ertragen konnte.

Ich versuchte so leise und mit so unauffälligen Bewegungen wie möglich mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Das gelang mir recht gut. Ich konnte an meinem Freudenspender zupfen, ohne dass sie die Bewegung mitbekommen würde. Allerdings rieb meine Hand dabei am Zudeck, und das war hörbar. Aber das war mir in meiner Verfassung nun auch egal.

Sollte sie doch hören, was ich da tat. Schließlich war sie dafür verantwortlich. Vielleicht machte sie das ja auch an. Ihre wellenförmigen Stüber ließen jedenfalls nicht nach, trotz des verdächtigen Raschelns unter Decke und dem manchmal zumindest für mich hörbaren Glitschens meines Schwanzes. Nach vielleicht zwei Minuten wühlte ich mit der linken Hand unter meinem Kissen nach meinem Notfalltaschentuch, während ich meine rechte verkrampft aufrecht hielt, damit dass darin gefangene Sperma mir nicht auf die Klamotten tropfte. Ute lag nun ganz still.

Ich säuberte mich so gut es ging und horchte atemlos in die Stille. Ihr Atem war ruhig und gleichmäßig. Vielleicht war sie ja schon eingeschlafen. Auch ich wurde plötzlich schrecklich müde. Übergangslos schlief ich ein.

Am nächsten Morgen weckte mich Ute erst, als es unbedingt sein musste. Wir redeten beim Frühstück nicht viel, aber ich hatte das Gefühl, wir versuchten beide im Verhalten des Anderen eine Reaktion auf die letzte Nacht aufzuspüren. Ich war schon etwas befangener als sonst; Ute schien sich auf anderes zu konzentrieren, nur manchmal war ihr Blick länger und hatte ihr Gesichtsausdruck wieder einen leicht belustigten Unterton. Verbal gingen wir mit keinem Wort auf das Geschehene ein.

Es war bereits Freitag, ich hatte nur vier Stunden. Wir sprachen ab, dass ich kurz nach der Schule unsere Mutter besuchen fahren würde und sie dann nach der Arbeit zu ihr ginge. Auf dem Esstisch stand der Blumenstrauß, den sie gestern mitgenommen, aber dann nicht abgegeben hatte. In der Schule konnte ich mich kaum konzentrieren, aber das ging im Grunde allen so. Nach den schriftlichen Prüfungen, deren Ergebnisse wir bereits erhalten hatten, war irgendwie die Luft raus. Ich hatte von Ute ja reichlich Geld bekommen und versuchte, noch etwas Rauchbares aufzutreiben, hatte aber kein Glück.

Insgeheim hoffte ich, dass sich die Rumspielerei mit Ute irgendwie fortsetzen ließ. In ihrer Nähe hatte ich mich befangen gefühlt; nun, da sie weiter weg war, war ich von ihrem subtilen „Mitmachen“ nachhaltig begeistert. Was für eine coole Schwester ich doch hatte.

Der Besuch bei meiner Mutter riss mich kurzzeitig aus meinen Blütenträumen. Sie war wach, als ich in das Zimmer trat. Das Bett neben ihr, in dem gestern noch die alte Frau gelegen hatte, war leer. Eine Frau mittleren Alters räumte schweigend und mit geröteten Augen Sachen aus einem Schrank. Erfreut stellte ich fest, dass meine Mutter mich wiederzuerkennen schien.

„Hallo Mama.“

„Hallo … Steffen.“

„Du weißt wieder, wer ich bin?“

„Nein. Du hast gestern gesagt, du heißt Steffen. Die Schwester hat mir erzählt, dass ich zwei Kinder habe. Einen Sohn, und eine Tochter.“

„Das ist richtig Mama, Ute. Sie kommt nach der Arbeit.“

„Ich heiße Christine.“

„Ja, genau.“

„Sie konnte mir nicht sagen, was mit meinem Mann ist.“

„Vor vier Jahren gestorben. Herzinfarkt.“

„Ich habe Durst. Gibst du mir was zu trinken?“

Die Schwellung auf dem rechten Auge war leicht zurückgegangen, aber es sah immer noch schrecklich aus. Ich führte den Plastikbecher an ihre Lippen.

„Habe ich denn … jemand anderes?“

„Nein. Nur uns beide, Ute und mich.“

„Oh … warum, bin ich hässlich?“

„Nein, Unsinn, du bist wunderschön. Ich kann dir die Frage nicht beantworten. Vielleicht weil es mit Papa noch nicht so lange her ist, und dann war da ja noch Oma, bevor sie starb.“

„Oma? War das meine Mutter?“

„Ja, genau. Erinnerst du dich?“

„Nein. Es ist schrecklich … Ich suche und suche in meinem Kopf, aber da ist nur ein tiefes schwarzes Loch. Ich sehe Dinge und weiß … das ist ein Teller, das ist ein Stuhl … aber wenn ich versuche mir das Gesicht meiner Mutter oder eine Geschichte aus meinem Leben vorzustellen … nichts.“

„Das wird schon wieder, der Arzt hat gesagt, die Erinnerung kehrt meistens zurück.“

„Ja, das hat er mir auch gesagt.“

„Er hat uns auch gesagt, dass wir am Anfang nicht so lange bleiben sollen. Du bist noch sehr schwach.“

„Verstehe. Du kannst ruhig gehen. Musstest du denn heute nicht zur Arbeit?“

„Ich gehe noch zur Schule. Nächste Woche Dienstag habe ich meine letzte Prüfung fürs Abitur.“

„Abitur? So einen schlauen Jungen hab ich? Toll. Hab ich auch Abitur?“

„Nein Mama. Du hast Ute schon mit sechzehn bekommen und hast dann mit der Schule aufgehört.“

„Verstehe.“

„Ich will dann mal wieder. Ich komme bestimmt morgen zusammen mit Ute. Morgen ist Samstag, da habe ich frei. Ute kommt wie gesagt später noch.“

„Das ist schön, ich möchte gerne auch meine Tochter kennenlernen. Ist sie hübsch?“

„Nach dir die schönste Frau der Welt.“

Der Spruch kam so schnell und mit so viel Überzeugung aus den Tiefen meines Seins, dass ich mich erschrak. Ich meinte das auch so.

„Na, du bist ja ein Charmeur. Da muss ich dich wohl gut erzogen haben. So etwas hören Frauen gerne … glaube ich.“

„Kann sein … Tschüss, Mama.“

Ich küsste sie auf die Wange und ging deutlich beruhigter aus ihrem Zimmer.

Ute kam kurz vor sieben, mit einer Plastiktüte, die einen unverwechselbaren Duft verströmte, der mir das Wasser um Mund zusammenlaufen ließ. Zwei Straßen weiter gab es eine Eckkneipe, die mit Abstand die besten Hähnchen der Stadt zubereitete – mit einer speziellen scharfen Soße, wie es sie nirgendwo anders gab. Mein Lieblingsessen zu dieser Zeit. Das wusste Ute natürlich genau.

Ich könnte in einer Kneipe nie Hähnchen genießen. Hähnchen muss man in die Finger nehmen, die kann man nicht mit der Gabel essen. Es ist Teil des Besonderen daran. Es hat fast schon eine primitive sinnliche Komponente. Mit Ute Hähnchen zu essen war eine Vorstufe des Sexes.

„Wie war dein Besuch bei Mama?“

„Okay. Sie scheint ja recht klar zu sein. Nur an mich konnte sie sich nicht erinnern“, antwortete Ute eher gefasst.

„Aber sie hatte bei mir vom Vortag behalten, wie ich heiße. Also scheint sie ja neue Erinnerungen ohne Weiteres zu speichern.“

„Ja, sie hat mir auch von deinem Besuch erzählt.“

„Oh?“

Sie schmunzelte.

„Ja, dem Vernehmen nach bin ich die zweitschönste Frau der Welt.“

„Ach das.“

Ich errötete leicht.

„Ich habe auch nochmal mit dem Arzt gesprochen. Sie kommt erst am Montagmorgen auf die neue Station. Rein körperlich macht sie sich aber gut, meinte er. Es gäbe keine Komplikationen und so, alles scheint gut zu heilen.“

„Na, das sind doch gute Neuigkeiten.“

„Ja. Willst du noch welche von meinen Pommes? Ich krieg die garantiert nicht weg.“

„Immer her damit.“

„Was machst du heute Abend?“

„Keine Ahnung. Warum?“

„Ich bin auf eine Party eingeladen. Vanessa, die kennst du doch? Ist ihr Geburtstag.“

Ich nickte stumm und widmete mich wieder meinem Hähnchen-Schenkel.

„Warum gehst du eigentlich nie weg? In deinem Alter war ich dauernd auf Achse.“

„Keine Ahnung. Seitdem ich mit Kevin nicht mehr abhänge … ist halt so. Alleine will ich auch nicht auf Partys gehen …“

„Verstehe. Das trifft sich gut. Willst du mit?“

„Wie, zu der Vanessa? Die kenne ich doch gar nicht wirklich. Ich bin doch gar nicht eingeladen.“

Ute lächelte spöttisch.

„Eingeladen? Das ist doch kein Kindergeburtstag. Klar kannst du da mit. Ganz lockere Geschichte. Und vermutlich hauptsächlich Frauen.“

„Ich weiß nicht …“

„Komm, ich glaube, das würde dir gut tun. Du kannst ganz sicher ein wenig weibliche Gesellschaft vertragen … die meisten, die da auflaufen werden, haben keinen Freund … verstehst du?“

„Und das hilft mir wie?“

„Wer weiß … nach ein paar Gläsern Wein kann bei manchen von ihnen so ziemlich alles passieren …“

Na, das waren in der Tat verlockende Aussichten. Sie verstand es wirklich, mir die Sache schmackhaft zu machen.

„Und dir wäre das nicht peinlich, da mit deinem kleinen Bruder aufzulaufen?“

„Nee. Ganz im Gegenteil. Ich habe ehrlich gesagt auch keine Lust, da alleine hinzugehen, aus verschiedenen Gründen. Eigentlich überhaupt nicht, nach der Geschichte mit Mama. Aber es ist halt ihr Geburtstag. Also, was ist nun? Kommst du mit?“

„Okay, meinethalben. Fahren wir mit dem Auto?“

„Nee, ich will natürlich auch was trinken können. Ist doch nur eine Viertelstunde mit dem Bus. Zurück nehmen wir halt ein Taxi.“

„Und wann?“

„Na, wir können hier ja so um neun, halb zehn los.“

„Muss ich da noch was besorgen, für Vanessa meine ich? Blumen oder so?“

„Du bist ja süß. Nee, lass mal, ich schenke ihr eine CD, die ist dann halt von uns beiden. Eine Flasche Wein aus dem Keller könnten wir ja auch noch mitnehmen. Mama hat da noch den Chablis; den kannst du raufholen. Genau, verpack den noch mal in Geschenkpapier und dann hast du auch was in der Hand.“

Das tat ich dann auch, duschte und verbrachte endlose Minuten vor dem Spiegel beim Klamottenaussuchen. Wie ein Mädchen. Schande sowas. Aber ich wollte halt auch gut aussehen. Nicht das ich ernsthaft glaubte, wirklich in den Genuss weiblicher Zuwendung zu kommen, oder gar meine Jungfräulichkeit zu verlieren, aber irgendwie stirbt die Hoffnung ja zuletzt. Es wurde auf jeden Fall langsam Zeit.

Ich kam mir ja schon richtig zurückgeblieben vor. Ich stopfte die für den Ernstfall erworbenen Kondome in mein Portemonnaie, zur Sicherheit. Man hatte ja auch schon Pferde kotzen sehen. Auch blinde Hähne ficken mal ein Huhn, hatte Kevin immer gesagt. Bei ihm schien der Spruch ja Wahrheit geworden zu sein.

Ute erschien nicht wie sonst im ständerfreundlichen Röckchen, sondern einer einfachen Jeans und einem Hemd, was mich schon wunderte und mir eigentlich den ersten Fingerzeig hätte geben müssen, dass diese Party nicht mit erotischen Tänzen und halbbekleideten Frauen, wie ich es mir insgeheim vorgestellt hatte, ablaufen würde.

Selbst in diesem fast langweiligem Outfit sprühte Ute vor Sex-Appeal, was auch daran lag, dass sie ein bis zwei Knöpfe am Hemd mehr geöffnet hatte, als polizeilich erlaubt sein sollte. Ihre prallen Brüste atmeten sozusagen, um im Gegenzug allen männlichen Betrachtern den Atem zu verschlagen. Sie musterte mich mit einem befriedigten Gesichtsausdruck. Anscheinend war auch ich passend angezogen.

Vanessas Wohnung war eine Vierer-WG, alles Frauen, und die Party sollte sich in dreien der vier Zimmer abspielen. So war der Plan, aber es kamen einfach nicht so viele Leute, wie sie erwartet oder erhofft hatte. Und Ute hatte recht gehabt; fast nur Frauen, außer mir war noch ein anderer Mann dort, so Mitte Vierzig, der Freund der dreißigjährigen Schwester Vanessas. Ansonsten zehn bis fünfzehn zum Teil klasse aussehender Frauen, von der sich aber keine richtig aufgebrezelt hatte.

Die hatten sich alle auf einen Frauenabend eingerichtet, wie es schien. Es wurde schon getrunken, aber ich fing sehr schnell an, mich zu langweilen, denn die Frauen unterhielten sich über Leute und Dinge, die ich nicht kannte. Der Höhepunkt war dann noch eine Dia-Show am Computer, von irgendeinem Urlaub, den Vanessa mit ihrer Schwester gemacht hatte.

Ein wenig anklagend sah ich Ute an, die mir gegenübersaß. Sie legte den Kopf schräg und lächelte. Dann unterhielt sie sich leise mit Carmen, die ich als eine ihrer besseren Freundinnen einschätzte und die auch öfter rumkam. Sie grinsten beide und sahen demonstrativ zu mir herüber.

Carmen sah mich von oben bis unten an. Mir wurde heiß und kalt. Dann kicherte sie und nahm ihr Gespräch mit Ute wieder auf. Na denne, das war wohl nichts. In eine wilde Orgie würde sich dieser Totentanz auch nicht mehr verwandeln, es sei denn, ich war auf ein Lesben-Nest gestoßen. Ich nahm mir noch ein Glas Wein.

Plötzlich stand Carmen auf und setzte sich auf den freien Platz neben mir. Ute zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich genüsslich zurück.

„Na Steffen … amüsierst du dich?“

„Na, hält sich in Grenzen.“

„Nicht so ganz die Party, die du dir erhofft hast?“

„Ach, weiß nicht, was ich erwartet hab. Ute hat nicht so viel erzählt.“

„Wie alt bist du jetzt? Achtzehn?“

„Ja.“

Carmens dunkle Augen blitzten im Kerzenlicht. Sie sah gut aus, keine Frage, keine Schönheit, aber durchaus hübsch. Ihr langes braunes Haar trug sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie roch leicht nach Parfum, das verwirrte und erregte mich etwas. Das war eine Frau, kein Mädchen. Und sie flirtete mit mir, zumindest ansatzweise.

„Deine Freundin wollte nicht mit?“

„Ich hab gerade keine.“

„Schwer zu glauben. So ein süßer, kleiner … shit, Ute, ich bring das nicht.“

Sie grinste albern und tätschelte zu allem Überfluss auch noch mein Haar.

„Nichts für ungut Kleiner.“

Na, ich war ganz schön bedient. Bis auf Ute waren nur wenige der Aktion gefolgt. Trotzdem wäre ich am liebsten aufgesprungen und rausgelaufen. Ute sah auch ein wenig enttäuscht aus, und nahm nach kurzer Zeit Carmens Platz ein.

„Sorry, so sollte das eigentlich nicht laufen.“

Ich war zu angefressen, um ihr zu antworten und klaute mir stattdessen eine Zigarette aus ihrem Päckchen.

„Echt. Sie findet dich niedlich und so. Aber du bist ihr wohl doch ein wenig zu jung.“

„Mmmh.“

„Wir können auch bald abhauen, wenn du willst. Ich bin auch schon etwas müde.“

„Ja, los, lass uns abhauen. Die ganze Party ist nicht mein Ding.“

„Okay. Na, ich habe von Lissy ein bisschen Grass bekommen, nicht viel, aber für eine Tüte für zwei wird es reichen. Das können wir uns dann zur Belohnung zu Hause noch reintun, so tapfer, wie du hier durchgehalten hast. Was hältst du davon?“

„Ja, klingt gut. Soll ich uns ein Taxi rufen? Wo ist das Telefon?“

„Im Flur. Ich mach das schon.“

Ich war mehr als nur erleichtert, dass wir endlich da weg kamen. Die Taxifahrt war kurz und schmerzlos. Wir gingen in Utes Zimmer. Sie legte etwas Musik auf und baute dann den Joint auf ihrem Bett. Ich saß auf einem Bean-Bag davor. Sie hatte sich auf den Bauch gelegt. Ihre Brüste sprangen halb aus ihrem Hemd; ihr BH war wohl auch nur zur Zierde da.

„Nochmal sorry wegen Carmen. Ich war mir echt fast sicher, sie würde dich … versorgen.“

„Da kannst du doch nichts für. Acht Jahre sind auch eine ganze Menge halt.“

„Aber gefallen hätte sie dir?“

„Weiß nicht, schon, sieht ganz gut aus. Vom Charakter her ist sie aber komisch …“

„Na, du solltest sie ja auch nicht heiraten … nur … weißt schon. Spannungen abbauen.“

„Mmmh.“

Sie gab mir ihr Werk zum Anrauchen. Ich saugte heftig an dem Teil, aber es war wirklich nicht viel drin. Ich schmeckte hauptsächlich Tabak.

„Und du rauchst jetzt wieder richtig?“

Ich reichte ihr den Joint.

„Nee. Auch mit den Zigaretten sollte ich mal ganz schnell wieder aufhören. Ist diese ganze Geschichte. Geht mir doch mächtig unter die Haut.“

Sie schwieg dann, um möglichst lange den Rauch in der Lunge zu behalten. Als ich wieder dran war, gähnte sie ein paar Mal.

„Erst halb zwei und ich bin schon völlig hin. Na, ist wohl wegen der letzten Nächte, da habe ich echt nicht viel geschlafen.“

„Ich lass dich gleich ins Bett, wenn wir aufgeraucht haben.“

„So meinte ich das nicht. Wenn du mir gestern nicht ausgeholfen hättest, wäre ich bestimmt die ganze Nacht wachgeblieben.“

„Oh … bist du denn danach schnell eingeschlafen?“

Sie lächelte amüsiert.

„Nein, nicht unbedingt schnell.“

Mir wurde heiß und kalt. Sie ließ mich wissen, dass sie sehr wohl alles mitbekommen hatte. Meine Stimme klang plötzlich belegt.

„War ja auch etwas eng in meinem Bett.“

„Ich fand das eher schön.“

„Und ich erst.“

Das rutschte mir einfach so raus. Ihr Lächeln machte mich wieder völlig nervös. Ich drückte die Tüte aus. Besonders viel merkte ich noch nicht.

„Das war’s dann wohl.“

„Du kannst heute Nacht hier bei mir mit schlafen, wenn du willst.“

Mit diesem Angebot hatte ich nun gar nicht gerechnet.

„Meinst du das ist eine gute Idee?“

Wo kam der Satz denn her? Idiot, Idiot, Idiot. Natürlich hätte ich mich in diesem Augenblick nichts Schöneres vorstellen können. Sie schien von dieser Frage ebenfalls überrascht und leicht aus dem Konzept gebracht.

„Nun … wenn du … lieber alleine in deinem Zimmer schlafen willst …“

„Nee, ist schon okay. Klar, warum denn nicht. Gerne. Wirklich. Überhaupt kein Problem. Echt.“

Das klang schon wieder zu enthusiastisch, zu erwartungsfroh. Hoffentlich kriegte sie jetzt nicht Bedenken.

„Gut. Ich wollte aber wie gesagt gleich ins Bett.“

„Okay.“

Sie rollte postwendend auf ihren Rücken und öffnete ihre Jeans, zog sie rasch herunter. Sie trug einen Hauch von einem Slip und der war zudem so kurz, dass einige vorwitzige Härchen von ihrer Einflugschneise sichtbar wurden. Dann setzte sie sich wieder auf und begann an ihrem Hemd zu knöpfen. Sie sah nicht in meine Richtung, aber musste meine geweiteten Augen auf sich spüren. Sie sprach trotzdem weiter.

„Willst du in Klamotten schlafen?“

„Oh … ich ziehe mir dann wohl besser einen Pyjama an.“

„Mach was du willst, ich schlafe jedenfalls nackt.“

Meine Kinnlade fiel nach unten. Erst als sie sich grinsend umdrehte, wurde mir klar, dass sie mich nur aufzog.

„Sehr witzig.“

Als Antwort streifte sie ihr Hemd ab und öffnete ihren BH, zog ihn aber nicht runter.

„Na dann zieh dir mal schön deinen Schlafanzug an.“

Mit anderen Worten: ich war vor der Krönung ihres Striptease entlassen. Ich wollte noch einen Spruch machen, aber mir fiel nichts Sinniges ein. In meinem Zimmer zog ich mich zwar rasend schnell um, aber mein Schwanz nutzte die neue Freiheit, um im Nachhinein mit voller Wucht auf das Gesehene und Geschehene zu reagieren. So traute ich mich doch noch nicht auf ihr Zimmer. Also sprang ich noch schnell zum Zähneputzen ins Bad. So ganz runter kriegte ich ihn trotzdem nicht.

Ute lag schon im Bett und rauchte eine Zigarette. Für eine Nichtraucherin schlug sie ganz schön zu. Sie trug wieder das Nachthemd von letzter Nacht. Im Schein ihrer Nachttischlampe konnte ich ihre Brustwarzen sehen. Ich beeilte mich, unter die Decke zu schlüpfen.

„Kann ich auch noch eine haben?“

„Klar.“

Wir zitterten beide ein wenig, sie, als sie mir die Schachtel hinhielt, ich, als ich mir die Zigarette herausnahm. Die Luft knisterte mit Elektrizität. Plötzlich drückte sie ihre Zigarette nur halb geraucht aus.

„Ich muss noch mal pullern. Bin gleich wieder da.“

Sie bewegte sich eigentlich sehr rasch, aber trotzdem sah ich für einen exquisiten Moment die Kontur ihres göttlichen Körpers im Gegenlicht der Lampe. Und meinte auch zu sehen, dass sie diesmal nicht wie gestern Nacht ein Höschen drunter trug. Sie verschwand und ich schaute mich schnell um, um festzustellen, ob ich mir das nicht nur eingebildet hatte. In der Tat lag ihr Schlüpfer achtlos neben ihren Söckchen auf Erde. Es waren kleine Häschen drauf. Mein Herz fing wild an zu hämmern. Ich konnte ihre Rückkehr kaum erwarten.

Ute schloss die Tür und legte noch eine andere CD auf. Jetzt schien sie es überhaupt nicht mehr eilig zu haben. Ihre Bewegungen waren anmutig und zielgerichtet. Ich konnte meine Augen kaum von ihr lösen. Sie ging noch zum Fenster, stellte es auf Kipp und zog dann die Jalousien herunter.

Ich musste mein Knie anziehen, damit mein Ständer keinen offensichtlichen Zelt-Bau vollzog. Sie setzte ihre Live-Show erbarmungslos fort, bückte sich nach ihren Klamotten und spielte die gute Hausfrau, faltete ihre Jeans und was weiß ich was; alles um mein Blut zum Kochen zu bringen, denn natürlich war sie sich bewusst, was sie mir im Zuge da fürs Auge bot.

Meine einzige Sorge war die Größe ihres Betts. Es war eines dieser französischen Dinger, bestimmt anderthalb Meter breit, also mit Zwangskuscheln würde es hier nichts werden. Vielleicht war diese Vorstellung ja als Ersatz dafür gedacht. Ich war auf jeden Fall etwas enttäuscht, als sie dann doch unter die Decke schlüpfte. Prompt drehten wir uns beide erst mal in respektvoller Entfernung auf die Seite und sahen uns an.

„Soll ich das Licht ausmachen?“

„Wie du willst.“

„Dann lasse ich es noch einen Moment an. Kann ich mir bei dir die Füße wärmen? Die sind eiskalt.“

„Ja, mach ruhig … huch … du hast nicht übertrieben. Hast du immer solche Eis-Beine?“

„Nicht immer, aber immer öfter. Und immer, wenn ich rauche. Irgendwas mit der Durchblutung.“

„Aha, verstehe.“

„Du kannst sie mir ja vielleicht ein bisschen warmreiben, wenn du willst.“

„Oh … wie soll ich …“

Zur Antwort ließ sie ihren rechten Fuß langsam an meinem Bein hochgleiten, was ob der Kälte und der Erregung, die ineinander übergingen, meinen ganzen Körper erschauern ließ. Ich entließ meinen Atem mit einem gehauchten Stöhnen. Sie hielt auf meinem Oberschenkel an. Ihr Gesicht war das perfekte Pokerface.

„So müsstest du drankommen.“

Das stimmte, also ich rieb und knete an ihrem kalten und erstaunlich kleinem Fuß herum, bis er fühlbar wärmer wurde.

„Das machst du richtig gut. Jetzt den anderen.“

Sie veränderte ihre Position und brachte ihren linken Fuß an mein Becken, parallel zu und nur wenige Zentimeter entfernt von meinem knüppelharten Zepter. Ihr feines Lächeln hatte einen leicht durchtriebenen Unterton. Sie wusste genau, wo sie da gelandet war. Und um ihr zu zeigen, dass ich wusste, dass sie wusste, nahm ich ihn da nicht gleich weg, um sie zu massieren, sondern sah ihr einfach nur tief in die Augen.

„Nicht einschlafen.“

„Immer mit der Ruhe.“

Auch diesen Fuß bearbeitete ich mit Hingabe und positivem Ergebnis. Sie sah sehr zufrieden aus.

„Danke. Soll ich jetzt das Licht ausmachen?“

„Ja, mach ruhig.“

Sie löschte das Licht. Dann kam sie ganz dicht an mich heran.

„Ich bin jetzt aber wieder alles andere als müde. Was ist mit dir?“

„Geht so.“

„Mir ist immer noch etwas kalt. Du bist so schön warm. Ich komm dir mal näher. Ist das so okay für dich?“

Es war ziemlich völlig und vollständig jenseits von okay. Sie presste ihre Titten gegen meine Brust und ihr rechtes Bein drückte sie zwischen meine, zog dann den Oberschenkel an. Mein Ständer drückte gegen ihren Bauch.

„Klar doch.“

Ich glaubte ihr Schamhaar auf meinem Oberschenkel durch den Stoff meiner Hose spüren zu können. Ihre Brustwarzen waren ebenfalls deutlich fühlbar. Sie legte ihren rechten Arm um mich. Ihr Gesicht war mir so nah, dass ich ihren Atem spüren konnte.

„Ja, so ist das schön.“

Das konnte ich nur bestätigen. Quälerei, natürlich. Aber die Schönste, die man sich denken konnte.

„Deine Schlafanzughose kratzt.“

„Echt? Merke ich bei mir nicht.“

„Ich schon. Meine Haut ist vielleicht etwas empfindlicher. Zieh sie aus.“

Ich konnte im Dunkel ihren Gesichtsausdruck nicht lesen.

„Du willst mich jetzt hochnehmen, oder?“

„Nein, im Gegenteil, ich will dir einen runterholen. Für all die Frustration von heute Abend. Weil du für mich da warst, dafür will ich jetzt für dich da sein. Wenn du das möchtest, heißt das natürlich.“

Ich traute meinen Ohren kaum. Sie zog ihr Bein zurück und wartete auf meine Entscheidung. Ich zog meine Schlafanzughose aus. Ich sah ihre weißen Zähne im Dunkeln blitzen.

„Guter Junge. Du wirst es nicht bereuen.“

Ihre wohltuend kühlen Hände wickelten sich um meinen heißen Schwanz, nahmen sozusagen erst mal Maß.

„Oh, das ist ein Prachtexemplar. Junge, Junge, der platzt ja gleich, so aufgepumpt wie der ist.“

Das hatte sie sehr fein beobachtet, und ihre nun langsam einsetzende Handarbeit mit der rechten bei gleichzeitiger Eiermassage mit der linken sorgte dafür, dass sich diese Situation schnell noch verschärfte.

„So gut?“

„Oh Wahnsinn. Ja. Au!“

Sie zog etwas Haut zwischen zwei Fingernägel und kniff mich kurz hinein.

„Sollst ja auch was davon haben. Du warst doch schon kurz davor, oder?“

„Ja.“

„Na siehst du. Lass dein großes Schwesterchen mal machen, lehn dich einfach zurück und genieße es.“

Das tat ich dann auch. Was sie mit meinem Schwanz anstellte, war unglaublich. Ich übte ja nun jeden Tag, aber diese Art von Expertise hatte nicht mal ich. Sie wechselte Druck und Tempo, schüttelte mich langsam kurz vor den Höhepunkt, um dann wieder anzuhalten, die Tropfen meiner Vorfreude ausquetschend und an meiner Eichel verreibend einzumassieren.

Ich verging fast vor Wonne, keuchte und stöhnte, während sie mich nach allen Regeln der Kunst wieder dem Höhepunkt entgegen rubbelte, dann wiederum anhielt. Sie schnippte schmerzhaft gegen meine Eichel, und schon hatte ich erneut einige Minuten gewonnen, aber dann halfen auch ihre Tricks nichts mehr. Ich kam richtig heftig, mein heißes Sperma klatschte auf das Nachthemd meiner Schwester.

Sie warf kurz die Bettdecke auf. Ich sah wie sie sich das Nachthemd abstreifte und es neben das Bett warf. Dann kuschelte sie ihren nackten Körper an mich.

„Und du hast mir nicht geglaubt, als ich sagte, ich würde nackt schlafen.“

„Ich kann überhaupt noch nicht glauben, was hier gerade passiert ist.“

„Wieso, hat es dir nicht gefallen?“

„Natürlich hat es mir gefallen. Soll ich … willst du … soll ich auch bei dir…“

„Nein. Wir kuscheln und dann schlafen wir. Ich wollte dir nur einen Gefallen tun, okay?“

„Okay. Und danke.“

„Keine Ursache. Und nun lass uns ruhig versuchen, zu schlafen. Ich bin jetzt doch ganz schön müde.“

Sie küsste mich auf die Wange. Trotz des nackten Körpers neben mir, der sich an mich schmiegte und samtweich meinen eigenen umspielte, wurde auch ich langsam von einer bleiernen Müdigkeit ergriffen. Ich hatte eigentlich geplant wach zu bleiben, bis sie entschlummert war, um vielleicht doch die nackte Terra Incognita streichelnd zu erforschen, aber mein eigener Körper spielte einfach nicht mit.

Ich erwachte völlig desorientiert und wusste erst einmal überhaupt nicht, wo ich war. Eine Hand strich mir durchs Haar. Utes grinsendes Gesicht tauchte über mir auf.

„Morgen. Ist schon halb zwölf. Wir sollten langsam aufstehen.“

Dagegen war prinzipiell nichts einzuwenden. Die Erinnerung an die letzte Nacht kehrte vehement fühlbar zurück. Also war es opportun, dass sie als erste aufstand.

„Morgen. Ja, gleich. Ich brauch noch ein paar Minuten.“

Sie zuckte mit den Schultern und kroch aus dem Bett. Ihre Nacktheit verbarg sie nicht vor mir, suchte sich in aller Seelenruhe frische Wäsche heraus, badete sozusagen in meinen begehrlichen Blicken. Ich hatte eh bereits eine leichte Morgenlatte gehabt, nun wurde ein Steifer draus, dass es ärger nicht ging.

„Ich spring dann mal unter die Dusche. Wenn du vor mir fertig bist, kannst du ja schon mal Kaffee aufsetzen.“

Amüsiert quittierte sie die sichtbare Erhöhung des Deckbetts mit einem anzüglichen Grinsen, bückte sich dann mit theatralischer Geste nach ihrem Nachthemd und warf es mir zu.

„Das muss sowieso in die Wäsche. Bis gleich.“

Von mir aus hätte sie noch Stunden nackt vor mir herumspringen können. Zwingend notwendig war das aber nicht, denn das eben Gesehene tanzte noch immer vor meinen Augen, im schwankenden Rhythmus meiner euphorischen Wichserei. Ich warf das Zudeck ab, um ihr nicht die schwarze Satinbettwäsche zu versauen, obwohl ich hinterher feststellte, dass dort ohnehin schon deutliche Spuren der letzten Nacht vorhanden waren. Sie hatte kaum das Wasser in der Dusche angemacht, da musste ich schon ihr Nachthemd bemühen.

Das Denken setzte erst wieder in meinem eigenen Zimmer ein. Was für eine klasse Schwester ich da hatte. Ich konnte mir nicht so recht vorstellen, dass ich viele große Schwestern gab, die ihren kleinen Brüdern diese Art von „Gefallen“ taten.

Es war nun schon fast Mittag und irgendwie immer noch nicht richtig hell. Dunkle Wolken am Horizont deuteten auf einen starken Regenguss hin. Die Dächer der umliegenden Häuser, die ich aus dem Küchenfenster sah, waren bereits nass. Ich warf die Kaffeemaschine an, tat ein paar Aufback-Brötchen auf den Toaster-Aufsatz und deckte den Tisch. Ich stank wie ein alter Ziegenbock, also würde auch ich gleich nach dem Frühstück duschen müssen.

Ute kam herunter und wir frühstückten gemeinsam. Außer einem feinen Lächeln hin und wieder, war nichts an ihrem Verhalten oder Ausdruck anders als sonst. Wir sprachen die vergangene Nacht mit keinem Wort an. Stattdessen war sie ganz die alte, legte einen Tagesplan für uns aus.

Ich sollte duschen, dann wollten wir gemeinsam einkaufen gehen, danach ins Krankenhaus. Und dann sollte ich wenigstens ein paar Stunden lernen. Ich glaube, ich hätte normalerweise gegen diese Bevormundung protestiert. So aber hatte sie doch ein hübsches Punktekonto der Gunst bei mir angelegt, von dem sie erst einmal zehren konnte.

Nach der Dusche machte ich noch schnell einige Telefonate, um herauszufinden, ob ich nicht irgendwo doch etwas zum Rauchen auftreiben konnte. Nichts. Die wenigen, die etwas hatten, wollten davon nichts abgeben und konnten mir auch nicht sagen, wo noch etwas aufzutreiben war. Ich rauchte eher selten und hatte keine festen Quellen. Mir war schon klar, dass ich irgendwie hoffte, Ute mit weiteren Raucheinlagen zur Fortsetzung unserer Spielchen zu animieren.

Der letzte Mitschüler, den ich anrief, riet mir, doch einfach im Head-Shop in der Innenstadt eine der legalen Alternativen zu besorgen, und nannte mir auch gleich verschiedene Marken, die sich lohnen würden. Ich hatte diese Sachen nie probiert, hatte nur die ganze „Spice“-Diskussion mitbekommen, als dieses schon i*****l geworden war.

Ute drängelte ein wenig, als ihr Zeitplan in Gefahr geriet. Der große Supermarkt, in dem wir einkaufen gingen, war brechend voll, und wir mussten Ewigkeiten in der Schlange vor der Kasse warten. Auf der Fahrt dorthin hatten wir ihre letzten Zigaretten geraucht. Nun, da wir vor dem Zigarettenregal an der Kasse standen, griff sie erst schnell zu einem Päckchen und warf es aufs Band, besann sich dann aber anders und tat es zurück.

Ich weiß nicht, welcher Teufel mich da ritt, aber ich trat hinter sie, so dass unsere Körper sich berührten, griff an ihr vorbei und legte das Päckchen wieder aufs Band.

„Eh … ich hab doch gesagt, ich will nicht wieder richtig anfangen.“

„Du sagst viel, wenn der Tag lang ist.“

„Ach was. Komm lass mich …“

Sie wollte zum Päckchen greifen, aber ich hielt ihre Hand fest. Sie wehrte sich spielerisch und drückte mir ihren Hintern gegen mein Becken; ihre Nähe war unglaublich erregend.

„Sakra, könnt ihr zwei vielleicht aufhören zu turteln? Es geht weiter.“

In der Tat hatte die Kassiererin bereits die Hälfte unserer Waren über den Scanner gezogen. Der Opa mit dem ungesund roten Gesicht, der uns darauf aufmerksam gemacht hatte, strahlte zu viel natürliche Autorität aus, um einen dummen Spruch zur Entgegnung zu wagen. Er setzte noch einen drauf:

„So was gehört sich auch nicht in aller Öffentlichkeit.“

Na, wenn der wüsste. Wir tauschten einen kurzen, verschwörerischen Blick und fingen dann an, die Sachen in den Wagen zu schmeißen. Die Zigaretten kamen mit und ich steckte sie vorsorglich in meine Jackentasche. Sie hatte von der Fleischtheke Mett besorgt und schickte mich zum auch in dem Markt befindlichen Bäcker, um Brötchen und Brot zu holen, während sie sich ans Bezahlen machte. Wir trafen uns auf dem Parkplatz. Sie ging schnell noch einmal ihre Einkaufsliste durch.

„Ich glaube, wir haben alles. Oder fällt dir noch was ein? Getränke haben wir noch, fast eine ganze Kiste, ich habe vorhin nachgeschaut.“

Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor drei. Um drei wollten wir im Krankenhaus sein. Der Head-Shop war nicht weit von hier.

„Ich wüsste noch was. Tobias hat mir von legalen Alternativen erzählt … weißt doch, wie Spice, nur halt noch legal. Gibt es im Head-Shop an der Marktstraße. Ich würde das gerne mal probieren.“

„Mann, bist du bekloppt? Du sollst für die Prüfung lernen und dir nicht die Hucke vollkiffen. Soweit kommt’s noch.“

Sie schlug energisch den Kofferraumdeckel zu.

„Ich lerne schon genug. Außerdem kann ich das Meiste auch schon. Und das Zeug wäre für hinterher.“

Wir stiegen in das Auto, gerade noch rechtzeitig, da es schon wieder zu regnen anfing.

„Schweinewetter. Schnall dich an, ab ins Krankenhaus.“

„Head-Shop.“

Sie wollte schon das Auto starten, aber nahm die

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